Geld verdienen mit Nachhaltigkeit?!

„Den Kleidertausch finanziere ich komplett selbst, ich bezahle alles aus eigener Tasche“, hat uns erst letztens wieder eine Organisatorin im Gespräch erzählt. Immer wieder hören wir solche Sätze von Veranstaltern. Andere beschweren sich wütend, wenn andere in derselben Stadt einen Kleidertausch organisieren, für den sie Eintritt nehmen, und ihnen damit „Konkurrenz“ machen. Geld scheint ein sensibles Thema in der Kleidertausch-Szene zu sein. Also lasst uns darüber sprechen!

Geld mit Nachhaltigkeit verdienen

Burnout kriegen für die gute Sache – ein Ideal unserer Nachhaltigkeitsblase?

Wo endet Ehrenamt und wo beginnt Selbstausbeutung?

Wir selbst haben jahrelang Kleidertauschpartys ehrenamtlich organisiert und auch Kleidertausch.de lief bist jetzt komplett ehrenamtlich (mehr Infos zu unseren Neuerungen findet ihr hier). Das klappt aber nur, wenn man eine große NGO im Rücken hat, die einem Werbematerial, Räumlichkeiten usw. bezahlt und man privilegiert genug ist, viel Arbeit in die Organisation zu stecken, ohne dafür einen Cent zu sehen. Oder man eben alles aus eigener Tasche bezahlt (und das läppert sich ziemlich, wie wir aus eigener Erfahrung sagen können!) Und auch dann gibt es eine Schattenseite: Immer wieder habe ich Menschen kennengelernt, die wahnsinnig viel Arbeit in das Ehrenamt gesteckt haben und dabei nah am Burnout waren. Wirklich nah. Für die es eben nicht mehr nur ein netter Zeitvertreib war, sondern ihre Leidenschaft.

Und sollten wir nicht eigentlich genau solchen Leuten, die für die nachhaltige Sache brennen, den Rücken freihalten und ermöglichen, dass sie sich (gesund!) dafür einsetzen können? Auch Geld ist eine Form von Wertschätzung. Es ermöglicht, sich nicht neben 40-Stunden-Job oder Vollzeit-Studium noch abrackern zu müssen, sondern sich ganz auf das Gemeinwohl konzentrieren zu können. Ich möchte, dass all die tollen Veranstalter von Kleidertauschpartys die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. Das heißt nicht, dass man Kleidertausch nicht mehr nur aus Spaß organisieren kann, und jetzt alles professionell werden soll. Aber die, die diesen Weg einschlagen, sollten dafür nicht verurteilt werden, sondern unterstützt.

Wir heben die Eintrittsgrenze im Kalender auf; in Zukunft findet ihr dort also auch Kleidertauschevents, bei denen ihr mehr als 5€ Eintritt zahlen müsst.

Fernglas kreislos

Mit Nachhaltigkeit darf man kein Geld verdienen

Dieser Überzeugung scheinen einige zu sein. Vor ein paar Wochen haben wir eine Umfrage durchgeführt, in der wir unter anderem abgefragt haben, ob Menschen Eintritt für Kleidertauschpartys bezahlen würden. Die große Mehrheit hat glücklicherweise positiv darauf reagiert, allerdings gab es auch Aussagen wie die folgende: „Ich finde es unnötig bzw. nicht okay, bei einem nachhaltigen Event Geld zu verlangen.“

Uff.

Es scheint so, als wäre es für manche Menschen unethisch, seinen Lebensunterhalt mit nachhaltigen Projekten zu verdienen. Als wäre es gleichbedeutend damit, dass man es nicht ehrlich meinen würde mit seinem Anliegen. Ist es nicht auch wahnsinnig respektlos den Veranstaltern gegenüber, zu meinen, dass man „ja schon mit seinen Klamotten bezahlt“ und es ja „keine große Arbeit sei, sowas zu organisieren“? Denn wer das schonmal gemacht hat, weiß, wie viel Mühe dahintersteckt. Mir machen solche Aussagen auch schmerzhaft bewusst: Was nichts kostet, das ist auch nichts wert – jedenfalls in den Augen von manchen. Wenn Kleidertauschpartys immer kostenlos angeboten werden, werden Menschen sie im schlimmsten Fall für selbstverständlich nehmen.

Außerdem: Würde es Vinted, Too Good To Go und andere tolle Nachhaltigkeitsprojekte geben, wenn man sie nur ehrenamtlich angegangen wäre? Vermutlich nicht.

Den Wandel schaffen wir nur gemeinsam

Also, bevor ich mich weiter in Rage schreibe, kommen wir lieber zum Fazit: Anstatt sich gegenseitig als Konkurrenz zu sehen, sollten wir an einem Strang ziehen. Wenn wir als Kleidertausch-Bewegung eine wirkliche Alternative zu Fast Fashion werden wollen, brauchen wir eine gewisse Qualität und Kontinuität der Events. Denn Menschen ändern ihr Kaufverhalten nicht aus reinem Idealismus, sondern weil die Alternative attraktiv und bequem ist. Die eigentlichen „Gegner“ sind Modegiganten wie Zara, Shein etc., die riesige Werbebudgets haben, mit denen sie zu immer mehr Konsum animieren. Nicht wir gegenseitig.

Und ganz unabhängig von der Höhe des Eintritts würden wir eh keine Kleidertauschparty von Primark in den Kalender aufnehmen.

Was denkt ihr darüber? Diskutiert gerne mit uns unter unserem Instagram-Beitrag!

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Beitrag von Franziska

Franziska hat schon viele Kleidertauschpartys zusammen mit Greenpeace und den Students for Future organisiert und möchte mit Kleidertausch.de ihre Erfahrung an andere weitergeben. Durch ihr Psychologie-Studium in Wuppertal und Bielefeld und einem beträchtlichen Konsum von Mode-Dokus hat sie sich einiges an Wissen angeeignet. Unter anderem erstellt sie Posts, antwortet euch auf Mails und betreut die Webseite.